Lost in Italy

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Tag 4

 

Mittwoch 23.8.06          IGC-Downlaod

Diesmal sagen sie Labilisierung voraus. Prima, endlich keine Inversionen mehr. Der Plan ist schnell geschmiedet: Gegen 11:30 starten, Schlepp bis zum Taleingang, bis 15:30 versuchen über den Pass zu kommen, nach 15:30 zurückfliegen und Mega-Schlepp nach Briancon doch noch Realität werden lassen. Die Basis startet bei 1400mNN aber das änderte sich schnell. Schon sind es 1500m am Teileingang. Da bleibt sie auch. Mühsam im Tiefflug zum Rocciamelone vorgekämpft mit einer Landemöglichkeit in Sicht (25km westlich Aeritalia gibt es einen unbekannten UL-Platz 350m lang, aber nur 25m breit) versuche ich wirklich alles, aber nichts geht. Die Inversion ist nicht wie geweissagt weg, die Labilisierung dagegen ist trotzdem da. Über 2000m ist einfach nicht zu kommen und jetzt wird es auch noch regnerisch. 

"Nichts wie weg hier und schleppen lassen" 

geht mir westlich von Susa in 1900m durch den Kopf. Leider zu spät, das Wetter kippt bereits. Geschlossener Stratus macht sich breit, im Gegenzug die Thermik dünn. Tja, ich muss den Tatsachen ins Auge schauen und mich zu einer Landung auf dem UL-Platz entschließen. Ganz schön schmal das Ding und Hochspannungsleitungen im Anflug talauswärts... nicht schön, aber es klappt. Die Einheimischen landen mit dem Wind taleinwärts; ich weiß jetzt warum.

 


Neben der Autobahn Richtung Susatal -Ausgang: der nur 25m breite UL-Platz

 

"Selbst ist der Mann" geht mir durch den Kopf. Nein, nach so einem Abenteuer auf dem Heimatflugplatz  anrufen und um Hilfe bitten: das geht ja garnicht.

Um Klaus Ohlmann up-to-date zu halten, hatte ich abends immer angerufen, ihm das Wichtigste zu erzählen. Wie ich bald erfuhr, nahmen Klaus' Fluggäste rege Anteil, weil er es sich nicht nehmen ließ, die Fortsetzung der Geschichte jeden Morgen im Briefing zu erzählen.

Ich schiebe Lucy also die Bahn entlang in eine kleine Bucht und machte mich auf den Weg nach Frankreich. 

Inzwischen ist es halb vier und ich bin durstig und hungrig, aber guter Laune. An der Landstraße angekommen trampte ich in Ermangelung besserer Ideen. Bald hält ein etwa 85 jähriger Italiener an, der mein Anliegen, zu einem Bahnhof zu gelangen, zu seiner Sache erklärt. Erstaunlich treffsicher gelingt es ihm, immer etwas Straße zur Rechten und Linken des Autos zu halten. Mit dem Zug gelangt man bis an den Fuß des Col de Montgénèvre. Der Ort heißt Oulx. Hier muss man umsteigen in den Bus. Er fährt das letzte mal um 19:30 nach Briançon.

"Das ist noch lange" 

denke ich mir und beschließe, es mit trampen zu versuchen. Im Ort kann ich mich endlich mit Nahrungsmitteln eindecken. Frisches Schinkenbrötchen und ein Bier gibt es, mäßig warm ist es auch denn hier hinten im Tal kommt sogar die Sonne durch, die sich gegen den Wind behauptet. So stehe ich 1,5 Stunden an der Trampstelle, das Bier psychologisch geschickt hinter einer Reklametafel versteckt, aber trotzdem erfolglos. Um 19:00 zurück am Busbahnhof ruft meine Freundin von Deutschland aus an und hat inzwischen recherchiert, dass um 20:25 der letzte Zug von Briançon Richtung Serres fährt. Leider muss mir der Busfahrer mitteilen, dass er diesen Zug in der Regel um ca. zehn Minuten verpasst. Innereuropäische Absprachen finden wohl nur in Brüssel statt. Aber wer wird da aufgeben? Schließlich gibt es ja Taxis. Für 50 Euro pauschal werde ich souverän im Tiefflug über den Pass befördert. Der Anschluss ist sicher - so bin ich um 23:00 in Veynes und wenig später auf dem Flugplatz. Schön, mal wieder daheim zu sein, allerdings mit schlechtem Gewissen, da Lucy ja noch unbeaufsichtigt im Susa-Tal auf dem UL -Platz steht.

Der nächste Tag